Eugen Grimminger Schule (Druckversion)

ERLESENES

Roland Bauer zu Gast bei Ursula Gmähle

Freuten sich über die kulinarischen Köstlichkeiten von Waldemar Pazurek während des "Erlesenes"-Abends: Gastgeberin Ursula Gmähle (rechts) und Katrin Berk, die neue Rektorin der Eugen-Grimminger-Schule. 

Eigentlich hätte die Veranstaltung ausfallen müssen. Zumindest, wenn es danach gegangen wäre, dass es die 13. ist. "Erlesenes", die Büchervorstellung mit Ursula Gmähle in der Eugen-Grimminger-Schule in Crailsheim, hatte den Fotografen Roland Bauer zu Gast. 

Auch in Michael Glawoggers "69 Hotelzimmer" ist die Nummer 13 jeweils weggelassen. "Sie wird dem Aberglauben geopfert", amüsiert sich Ursula Gmähle. Deshalb ist es ein Hotelzimmer weniger, allerdings nach der Spielerei eines Zahlendrehers. Die 95 Kapitel - "jedes hat die Länge einer Zigarette" - stellen mit "einem filmischen Blick" Hotelzimmer auf dem ganzen Globus zwischen 1979 und 2012 vor. Glawogger ist einer der modernen Nomaden. "Das ist ein Buch", beginnt er, "für alle, die schon einmal in einem Hotelzimmer übernachtet haben." Ein Nachttischbuch, findet Gmähle. 

Auch Leta Semadenis "Tamangur" klingt weltläufig und auch exotisch. Tamangur ist jedoch ein Tal im Unterengadin, in dem die Lyrikerin 1944 geboren wurde und immer noch lebt. "Kleine, wohlgewählte Worte, eine eigene Melodie, ein eigener Duktus des Romanes, dem man sich hingeben muss", so die Buchhändlerin, lassen sich vielleicht auf diese lyrische Qualifikation zurückführen. Die Momentaufnahmen ihrer Heimat in einer gemächlichen, liebevollen Beschreibung "sind meine Entdeckung diesen Herbst". Gmähles fachlich versierte Sichtweise wird durch persönliche Erfahrungen und Anekdoten bereichert. 

Wichtig ist auch immer, wie sie zu den Lektüren gekommen ist. Manchmal, für sie ungewöhnlich, - "eine Buchhändlerin bekommt keine Bücher geschenkt" - als Gabe. Vincent Klinks "Ein Bauch spaziert durch Paris" fällt ihr so zu. "Das ist kein Kochbuch", erläutert sie, "obwohl es ein paar kleine Rezepte gibt." Der Titel erinnert an Emile Zola. Sein "Der Bauch von Paris" (1873) handelt rund um die legendären Hallen, die früheren Markthallen der Stadt. Eine gesellschaftlich erweiterte Perspektive mit einem besonderen Blick auf die Stadt gönnt auch Klink sich und seinen Lesern mit seinen Promenaden durch Paris. 

Katrin Berk, die neue Leiterin der Eugen-Grimminger-Schule, weist in ihrer Begrüßung darauf hin, dass es sich um eine "persönliche Shortliste" handele. Dieser Aspekt kam bei "H wie Habicht" von Helen Macdonald besonders zum Tragen. "Die Autorin hat etwas Habichthaftes", findet Gmähle und es gehe überhaupt nur um Habichte. "Seit ich dieses Buch gelesen habe, sehe ich sozusagen nur noch Vögel." Diese selektive Wahrnehmung verdankt sie einem "wahnsinnig spannenden" Buch, in dem man sich durch die genaue, mit schönen Landschaftschilderungen versehene Erzählweise in die Abrichtung des Habichts Mabel durch die Protagonistin hineinlebt. 

"Charlotte" ist ein biografischer Künstlerroman, dem das kurze Leben Charlotte Salomons zugrunde liegt, die mit 26 Jahren im KZ Auschwitz-Birkenau ermordet worden ist. Die Malerin hat 1325 Gouachen expressionistischen Stils hinterlassen. Eine davon ein Selbstporträt, das auf eindrucksvolle Weise das Cover des Romanes bildet. David Foenkinos nähert sich seiner Protagonistin tastend. Er verwendet den Flattersatz, eine Satzform, bei der die Zeilen ungleichmäßig auslaufen. Gmähle ist davon sehr angetan: "Es ist wie ein Schreiten, wie wenn man eine Treppe hinuntergeht."

Auch der Gast des Abends, Roland Bauer, wählt eine Künstlerbiografie, die er vorstellt. "Mein augenblickliches Lieblingsbuch", sagt der bekannte Fotograf aus Hohenlohe. Als akustischen Einstieg lässt er "Horses" von Patti Smith den ersten Titel einspielen. Bauer hat die Musikerin und Autorin von "Just Kids" erst im Sommer bei einem Konzert auf dem Hohentwiel erlebt, besaß aber bereits 1974 ihre LP, die er im Studium in Dortmund dauernd gehört hat. Er ist "vollkommen fasziniert", zumal ihr Lebensgefährte Robert Mapplethorpe ein Starfotograf wurde. (Quelle: Hohenloher Tagblatt vom 28.11.2015)
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